Den Namen i der Frol trĂ€gt ein StĂŒck flachen Wieslandes vor dem nördlichen Dorfeingang von FrĂŒmsen, an der Durchgangsstrasse, unter dem Alber, zwischen dem Weiler BĂŒsmig und der LĂ€ui1 flach gegen den FrĂŒmsner Berg ansteigend. Aber nicht nur dort heisst es so. Auch die Gamser haben ihre Ărtlichkeit i der Frol: dort handelt es sich um ebenes Wiesland weit unten in der Talebene, sĂŒdlich der Simmi, nördlich der Verbindungsstrasse Haag-Gams. Und weiter liegt auch in der Gemeinde Buchs eine Ărtlichkeit dieses Namens, nur sagt man hier im Frol: Wiesland (altes Ackerland) in der Talebene zwischen RĂ€fis und Altendorf, Rietli und Flös. Alle drei werden mundartlich als «Froel» gesprochen, und es scheint angebracht, die drei FĂ€lle hier gemeinsam zu behandeln; ob sie auch der gleichen sprachlichen Herkunft sind, wird sich weisen.
Betrachten wir zunĂ€chst die urkundlichen Formen: FĂŒr die FĂ€lle von FrĂŒmsen und Gams treten da keine massgebenden Unterschiede zutage. Beide Orte erscheinen schriftlich erstmals im Jahr 1476, nĂ€mlich in Gams als <frÄl>, in FrĂŒmsen als <fraul>. Diese Formen sind insofern auffĂ€llig, als sie mit ihrem -au- nicht zu der heutigen Sprechform (mit -oe-) zu passen scheinen. Gab es bei uns einmal eine diphthongische Sprechform *froul, Ă€hnlich wie es heute noch im Sarganserland tönen wĂŒrde? Oder ist im geschriebenen <fraul> bereits unser gesprochenes FrĆl (woraus «Froel») zu sehen? Die Frage sei hier nur aufgeworfen; nĂ€her verfolgen können wir sie an dieser Stelle nicht, da sie offenkundig auf viel breiterer Grundlage untersucht werden mĂŒsste. Werner Camenisch hat in seiner ZĂŒrcher Dissertation BeitrĂ€ge zur altrĂ€toromanischen Lautlehre (1962) zum teils noch unerforschten Problemkreis von Lautung und Schreibung im Grenzbereich romanischer und deutscher SprachberĂŒhrung und Lautentwicklung schon wesentliche Beobachtungen angestellt.
Bei den jĂŒngeren Schreibformen von FrĂŒmsen und Gams ist die Lage einfacher: Alle Belege nach 1500 weisen Schreibungen wie <frol>, <frol(l)> und <frool> auf, was offensichtlich der heutigen Sprechform («Froel») entspricht.
Interessant und auch auffĂ€llig ist dagegen der Umstand, dass das Buchser Frol bei den historischen Formen gegenĂŒber seinen beiden anderen Gespanen eigene Wege geht: der Erstbeleg von 1472 lautet hier ariöl, dann folgen die Formen 1484 fĂŒrgiel, 1540 feryöl, 1543 Eriöl, 1617 veriöl, usw. Hier ist offensichtlich mit einer Entwicklung von <ariöl> bzw. <feriöl> (zusammengezogen aus uf ariöl) zu <feriol> und <friol> und schliesslich zu heutigem Frol zu rechnen. Darauf kommen wir nochmals zurĂŒck. ZunĂ€chst richten wir den Blick auf die Ă€lteren ErklĂ€rungsversuche.
Blick auf das Gebiet Frol (Bildmitte) zwischen FrĂŒmsen und BĂŒsmig. DarĂŒber das Gehöft namens Alber, links von diesem LĂ€ui1, Sida und Farnenwinggel. Bild Hans Jakob Reich, Salez.
Der Namentyp von Sennwald und Gams wird im Ă€lteren regionalen Schrifttum öfters erwĂ€hnt, aber meist nicht mit einer Deutung versehen. Aus der Zeit um 1930 liegt aus der Feder von Lehrer Adolf SchĂ€pper eine Sammlung der Ortsnamen der Gemeinde Sennwald vor. Darin versucht er sich, wenn auch fachlich ganz unbewandert, dann und wann auch in der NamenerklĂ€rung. So auch hier; er schreibt zu «Frohl»: «Eine HĂ€usergruppe im hinteren FrĂŒmsen. Dem Namen liegt das lat. ferolum âkleine Ackerweideâ zugrunde, entsprechend dem deutschen Ăgerta». Der Deutungsansatz, den er offensichtlich in Heinrich Gabathulers Orts- und Flurnamen der Gemeinden Wartau und Sevelen (1928, S. 36 s. v. Fro[a]lweg) gefunden hat, ist allerdings eine blosse Erfindung Gabathulers. Dieser bringt ein angebliches lat. fer âBrachackerâ immer wieder ins Spiel. Dennoch muss betont werden, dass die Behauptung nicht ernstzunehmen ist, denn sie beruht fĂŒr unseren Raum auf ganz falschen Annahmen.
Derselbe Gabathuler (1928, S. 39) fĂŒhrt noch einen Namen Firgiel (bei RĂ€fis) auf. Dass dies eine urkundliche Variante zum RĂ€fiser Frol ist, erkennt er allerdings nicht: Hier setzt er ein nicht weniger abenteuerliches lat. virgellum âkleiner Baumgartenâ an, das er eigenmĂ€chtig ableitet aus lat. virga f. âgrĂŒner Zweig, Reis, Setzlingâ, bzw. aus lat. virgarium n. âObstgartenâ (eher gemeint wĂ€re viridarium âGartenâ, wohin franz. verger m. âObstgartenâ gehört). Es war die urkundliche Form 1484 fĂŒrgiel, die Gabathuler auf diesen Abweg fĂŒhrte. Diese hat aber mit lat. virga gar nichts zu tun; sie ist vielmehr als <fĂŒrjiel, ferjiel> bzw. <feriöl> zu lesen, woraus <Feriol> und schliesslich eben Frol wurde.
Wir haben also insgesamt drei Frol-Namen im Werdenberg, und fĂŒr sie hat Valentin Vincenz auch drei sprachliche Herleitungen vorgeschlagen, die wir nun anschauen und bewerten wollen.
Die erste Deutung geht von der Annahme aus, dass die benannte Ărtlichkeit altes Ackerland war. Sie schlĂ€gt Vincenz fĂŒr das RĂ€fiser Frol vor, nĂ€mlich wie folgt: Lat. ager m. âAckerâ ergab altromanisch air, romanisch Ăšr. Daraus wurde als Verkleinerungsform altrom. erĂŒĂ¶l m. âĂckerleinâ. Nach der Verdeutschung kam es in der Verbindung des Namens mit der deutschen OrtsprĂ€position auf zur Form mit F- am Anfang: /uf erĂŒĂ¶l/ > /uf ferĂŒĂ¶l/; daraus wurden dann /uf feruol/ und /uf froel/.
Dieser Ansatz ist nicht nur fĂŒr RĂ€fis, sondern wohl auch fĂŒr FrĂŒmsen nicht nur sprachlich, sondern auch sachlich der wahrscheinlichste, denn an beiden Orten spricht die NĂ€he der Ărtlichkeiten zum alten Siedlungsraum durchaus fĂŒr deren herkömmliche Nutzung als Ackerland.
Hier, sĂŒdlich von Buchs, ein Blick vom Flat herab nordostwĂ€rts auf die freie FlĂ€che von Feldrietli und Rietli zwischen Altendorf und RĂ€fis. Das RĂ€fiser Gebiet namens Frol (Wiesland und Wohnblöcke) liegt in Bildmitte, gleich hinter dem Landwirtschaftsbetrieb Saxhof. Weit hinten der Eschnerberg und Feldkirch. Bild Hans Jakob Reich, Salez.
FĂŒr das Gamser Frol, weit unten im Gamser Riet, oberhalb von Haag, also doch sehr weit weg vom alten Gamser Ackerland, und dazu frĂŒher ganz im GefĂ€hrdungsbereich der Simmi, ist dagegen die Wahrscheinlichkeit einer Acker-Bezeichnung eher gering. Auch fehlen hier die sprachlich beweiskrĂ€ftigen Belege des Typs <ariöl> usw. gĂ€nzlich (was allerdings auch fĂŒr FrĂŒmsen zutrifft). Vincenz zieht daher fĂŒr den Gamser Fall eine altromanische Verkleinerungsform rovairola f. âkleines RĂŒfengebietâ heran (nĂ€mlich altrom. rovaira f. âRĂŒfengebietâ, Ableitung von altrom. rova f. âRĂŒfe, Erdrutschâ). Diese Verbindung wĂŒrde sachlich dann ĂŒberzeugend, wenn rova ausser fĂŒr HangrĂŒfen auch fĂŒr ebene GeschiebeflĂ€chen zulĂ€ssig wĂ€re, wenn sich hier also ein Zusammenhang mit einem alten Simmilauf bzw. mit dessen liegengebliebenem Geschiebe herstellen liesse (âkleiner ebener GelĂ€ndeabschnitt mit Bachgeschiebeâ). Dies mĂŒsste allerdings anhand weiterer vergleichbarer FĂ€lle noch nĂ€her abgeklĂ€rt werden. Lautlich scheint die Sache durchaus gangbar: Altes /rovairola/ wĂ€re gekĂŒrzt worden zu /rovârola/, und darauf hĂ€tte nach dem Sprachwechsel eine weitere KĂŒrzung zu /vrola/, mundartlich /froela/ und Froel stattgefunden.
Ganz traute allerdings auch Vincenz dem Ansatz fĂŒr den Gamser Fall nicht, suchte er doch noch nach einem dritten Ausweg. Diesen meint er zu finden in altromanisch fora f. âĂffnung, LĂŒcke; Grube, Grabenâ, abgeleitet als altrom. *forola f. âkleiner Grabenâ. Auch in Plofora Sennwald scheint dieses fora vorzukommen, ferner könnte *forola auch in Falferor Sevelen weiterleben. Die hier gewĂ€hlte vorsichtige Wortwahl zeigt allerdings, dass wir da nicht auf gesichertem Boden stehen. So bleiben auch hier ein paar offene Fragen ĂŒbrig, die wir zwar darlegen können, aber aufgrund des vorhandenen Wissens nicht endgĂŒltig entscheiden möchten.
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