«Namen sind ungeschriebene Geschichte»
Das Kloster Disentis 1698 aus der Schweizerkarte von Heinrich Ludwig Muoss. Public Domain.

Eingliederung Rätiens

Auf Viktor folgte als Letzter des viktoridischen Geschlechts sein Sohn Tello. Als dieser um 765 starb, hinterliess er sein be­rühmtes Testament, das dem Kloster Disentis umfangreiche Vergabungen sicherte (vgl. BUB 1, Nr. 17, S. 13-23). Dieses Zeugnis wurde von zwölf Zeugen unterzeichnet, worunter auch ein Foscio de Pogio, also ein Mann namens Foscio aus Buchs, war. Dies war zugleich das erste urkundliche Erscheinen des Ortsnamens Buchs.

Der Tod Tellos gab dem neuen fränkischen König Karl (dem Grossen) die Gelegenheit, sich in Rätien, das er wegen dessen Alpenübergängen fest in die Hand bekommen wollte, einzumischen und das Land schrittweise seinem Reich fest einzugliedern. Er beendete die Volkswahl des rätischen Rektors und führte nach einer Übergangszeit von drei Jahrzehnten im Jahre 806 vollends die fränkische Gaugrafschaftsverfassung ein. Als Grafen bestellte er Hunfried, der damit als königlicher Beamter mit Sitz in Chur an die Stelle des einheimischen Präses oder Rektors trat. Unter dem Vorwand einer Scheidung des Bischofsgutes vom Staatsgut wurde in sehr einseitiger Weise der bisher vom Bischof und Rektor innegehabte sehr umfangreiche Besitz zur Hauptsache beschlagnahmt und als materielle Grundlage des Grafenamtes benutzt.

Die Teilung wurde im churrätischen Reichsurbar aus der Zeit um 842 niedergelegt, welches die wertvollste Quelle zur Geschichte Rätiens im Mittelalter darstellt (sie ist erhalten in einer Abschrift von Aegidius Tschudi und wurde publiziert in BUB 1, 375-396; vgl. auch LUB I/1, 41-45). Die fränkische Mannschaft des Grafen und auch einige rätische Dienstleute empfingen dadurch Güter und Einkünfte in ganz Rätien. Sie begannen einen von Verwaltung und Kriegsdienst lebenden Adel zu bilden.

In den Urkunden jener Zeit beginnt nun der Anteil germanisch benannter Lehensträger immer deut­licher hervorzutreten. Dies deutet einerseits auf die zahlenmässige Dominanz des deutschen Adels hin, kann anderseits aber auch der in der rätischen Oberschicht damals aufkommenden Mode, sich germanische Namen zuzulegen, zugeschrieben werden.